Zur Autorin / Zum Autor:
Eoin Colfer, geboren 1965 in Wexford, Irland, arbeitete viele Jahre als Lehrer in Tunesien und Italien, bevor er 2001 durch seine Artemis-Fowl-Reihe weltbekannt wurde.
Es passiert jeden Tag. Es passiert jetzt. Und nur wenn die Zahlen der Ertrunkenen hoch genug sind, wird in den Medien ausführlicher das Schicksal der Bootsflüchtlinge beklagt. Diese Comicadaption soll uns daran erinnern, welche Schrecken sich seit Jahren direkt vor den Küsten Europas abspielen.
(ausfühlriche Besprechung unten)
Ebo ist noch ein Kind. Sein Vater ist verschwunden, die Mutter tot, und nun lebt er gemeinsam mit seinem Bruder Kwame bei seinem trunksüchtigen Onkel in einem winzigen Dorfflecken in Ghana. Eines Tages muss Ebo mit Schrecken feststellen, dass sich sein Bruder in aller Verschwiegenheit auf den gefährlichen Weg nach Europa gemacht hat, allein, wie schon Hunderttausende vor ihm, wie auch seine Schwester Sisi, die nun illegal in Italien lebt und dort arbeitet.
Ebo will nicht ohne seine Geschwister bleiben, daher beschließt er, Kwame hinterher zu reisen. Er nimmt den Überlandbus bis zur riesigen Wüstenstadt Agadez, wo er durch einen schier unglaublichen Zufall auf seinen Bruder trifft. Fortan arbeiten sie gemeinsam, um das nötige Geld für die strapaziöse Wüstendurchquerung zusammenzusparen. Wochen später, ohne ausreichend mit Nahrung und Trinkwasser versorgt zu sein, erreichen sie mit allerletzter Kraft die libysche Hafenstadt Tripolis, wo sie sich neuen Gefahren gegenübersehen: Schlepperbanden, brutale Polizisten. Erneut arbeiten sie hart, sparen, wo sie nur können. Immer mit der Angst im Nacken, als Illegale erwischt zu werden. Schließlich besteigen sie ein altes Schlauchboot, das sie nach Italien bringen soll, doch mitten in der Nacht, irgendwo in der Weite des Mittelmeers, nachdem Durst, Hunger und Kälte ihren Tribut gefordert haben, entdeckt Ebo ein Leck in dem völlig überfüllten Boot.
Auch wenn diese Geschichte fiktiv ist, so beruht sie dennoch auf den wahren Schilderungen vieler Überlebender, die den gleichen Weg wie Ebo gegangen sind. Und wenn es auch zum Schluss dann doch noch zu so etwas wie einem kleinen Happy-End kommen wird, lässt diese gelungene Comicadaption von Ebos Schicksal, das stellvertretend für so viele Menschen steht, den Betrachter vor allem durch die lebendige Schilderung einfach nur staunend und allem voran nachdenklich zurück.
Axel Vits, der andere Buchladen, Köln