Zum Buch:
Der politische Jahrhundertroman des kroatischen Nationaldichters Miroslav Krleža ist ein sprachliches Feuerwerk, das mit Musils Mann ohne Eigenschaften und Joyce‘ Ulysses in einem Atemzug genannt werden muss. Acht Jahre haben die Übersetzer an dieser deutschen Erstausgabe gearbeitet. Das Ergebnis: literarischer Hochgenuss par excellence!
Sie tragen den gleichen Vornamen in dritter Folge und könnten kaum verschiedener sein, der Minister in spe – und später dann de facto – Kamilo de Emerički senior und sein Junge, der eigene politischen Ideale verficht. Der Vater über den Sohn: „ … dem Bengel steht ohne Weiteres auch der Weg ins Oberhaus offen, das sind politische Chancen, aber natürlich, der junge Mann weiß nicht, was er will, er hat das Studieren satt, wechselt die Fächer nach der Jahreszeit, und jetzt will er auch noch eine tuberkulosekranke alte Schachtel heiraten, die seine Mutter sein könnte, wo hat der Flegel nur seinen Verstand gelassen?“ Der Sohn wiederum „hat keine engere Beziehung zu diesem grau melierten Herrn, der jeden Morgen jedes einzelne abstehende Härchen unter der Schnurrbartbinde ordnet und so sorgfältig seinen Oberlippenbart einfärbt, und dessen lackierter Kragen mit der absolut weißen, seidenen, von einer Brillantnadel durchstochenen Sektionschef-Krawatte glänzt …“
In den zehn Jahren von 1912 bis 1922, in denen man Senior und Junior de Emerički durch ihr eng ineinander verwobenes gesellschaftliches, politisches und privates Leben folgt, erlebt man die Auflösung der k. u. k. Doppelmonarchie und die Neuordnung Europas im Spiegel der wortgewaltigen Diskussionen und scharfzüngigen Kommentare zu den aktuellen politischen Ereignissen. Der Vater, Paradebeispiel eines Konservativen und politisch erfolgreicher Jurist, will seinem Sohn den Weg in eben diese Profession ebnen. Der Sohn dagegen kämpft mit Überzeugung, Esprit und analytisch brillanten – unter Pseudonymen veröffentlichten – Artikeln für die politische Unabhängigkeit seines Landes, für die Selbständigkeit Kroatiens.
In der Person des Kamilo de Emerički junior soll sich der Nationaldichter selbst porträtiert haben. Umso mehr ist dieses Wechselspiel der gegenseitigen intelligenten und wortgewandten Demontagen von Vater und Sohn, aber auch von anderen gewichtigen Personen aus Politik und Gesellschaft, Krležas Magnum Opus zu nennen. Die Fahnen sind Gesellschafts-, Generationen- und Konversationsroman zugleich – und in ihrer durchgängig frischen Pointiertheit unterhaltsamer als jede politische Satire.
Susanne Rikl, München