Zum Buch:
Herr Brechbühl sucht gar keine Katze; das tut nur die vierjährige Mona aus dem oberen Stockwerk, die keine Katze halten kann, weil Katzen ja immer mal raus müssen. Herr Brechbühl dagegen wohnt im Parterre, will aber trotz Monas dringendem Betteln nicht die Wohnung mit ihr tauschen. Ihre Mutter Julia hat derweil Ärger in dem Kinderbuchverlag, in dem sie als Lektorin arbeitet, weil ihr Chef findet, dass sie zu viel Zeit für Mona und zu wenig für ihre Arbeit aufwendet.
Der Student Moritz Schneuwly errechnet Wahrscheinlichkeiten, was ihn aber nicht hindert, versehentlich sein Liebesgedicht in die falsche Wohnungstür zu klemmen und sich damit entgegen aller Wahrscheinlichkeit ganz neue Liebesmöglichkeiten zu eröffnen. Und die arbeitslose Schauspielerin Selina May sieht sich sich ganz plötzlich vor die Entscheidung gestellt, einen Film mit einem sehr bekannten, aber auch sehr unsympathischen Regisseur zu drehen oder in einem Theaterstück einer Off-Bühne mitzuwirken.
Sie alle wohnen in einem Züricher Mietshaus, in dem auch noch das alte Ehepaar Wyss lebt, genauso wie das frisch verliebte junge Pärchen Pit und Petzi, dessen lautes und vor allem scheinbar unaufhörliches Liebesleben im ganzen Haus zu hören ist. Gerda Wyss findet das ganz anregend und schlägt ihrem Mann vor, doch nachts mal wieder den Schlafanzug auszuziehen. Die unleidliche Efgenia Costa dagegen fühlt sich davon extrem gestört, anders als ihr Mann, der so etwas eher gelassen zur Kenntnis nimmt.
In 65 mehr oder weniger kurzen Kapiteln, jedes mit einem Begriff aus dem Gefühlsleben überschrieben, lernen wir die Bewohner des Hauses kennen, ihre Hoffnungen, Wünsche, Konflikte und Probleme. Das Gefühlsspektrum reicht von Aalglätte über zum Beispiel Demut, Grübelei, Hochmut, List, Ödnis, Wollust und Zauber bis Zynismus, natürlich nicht in alphabetischer Reihenfolge, sondern kreuz und quer, so wie es im Leben eben kommt. Dabei werden die Hausbewohner so lebendig, dass man sie schon bald zu kennen meint und sich in dem Haus selbst ganz heimisch fühlt. Tim Krohn fabuliert sich mit einer solchen Lust am Erzählen durch seine nicht immer friedliche Hausgemeinschaft mit ihren Freuden und Leiden, dass die Lektüre eine reine Freude wird, nicht zuletzt wegen der gelungenen Mischung aus Leichtigkeit und Ernst, Komik und Tragik, die einen guten Schmöker ausmacht. Und übrigens: selbstverständlich bekommt Herr Brechbühl seine Katze, wenn auch nicht ganz so, wie von Mona – und von ihm selbst – erwartet. Ein wunderbares Buch für die Ferien – und was das Beste ist, es ist erst der Anfang, denn zwei weitere Bände sind bereits angekündigt …
Irmgard Hölscher, Frankfurt