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Autor
Reng, Ronald

Der Traumhüter

Untertitel
Die unglaubliche Geschichte eines Torwarts
Beschreibung

Die Geschichte eines deutschen Torwarts, der in England eine Saison in der Premier League spielte, ohne daß es hierzulande jemand merkte. Lars Leese heißt der Mann, wurde als 3.Torhüter bei Bayer 04 Leverkusen zum Profi, bevor er nach England wechselte. Aufgeschrieben von einem erfahrenen Journalisten, der nicht die Sensation sucht, sondern die Wahrheit.

Verlag
Kiepenheuer & Witsch, 2002
Format
Taschenbuch
Seiten
256 Seiten
ISBN/EAN
978-3-462-03107-2
Preis
8,99 EUR

Zum Buch:

Es ist eine dieser von Managern gestreuten Legenden, daß im Profifußball alles nach Plan läuft, daß junge Talente von alten Talentscouts entdeckt werden. Nix da, der Zufall regiert. Lars Leese verbrachte seine Fußball-Jugend beim 1.FC Köln, galt als hoffnungsvoller Kandidat für eine Profikarriere – bis er sich in einem Anfall von pubertärem Größenwahn mit seinem Trainer zerstritt und einfach kündigte. Da er aber schließlich mit dem Fußballspielen nicht aufhören konnte, landete er einfach so bei einem Kreisliga-Club, wo er sich einen legendären Ruf erwarb, der ihn schließlich zum 3.Kölner Verein, zu den Preußen trieb. Dort ereilte ihn der Ruf von Erich Ribbeck, der für Bayer Leverkusen noch einen 3.Torwart suchte. Lars Leese verbrachte fortan sein Fußballerleben auf der Tribüne, bis er einen Anruf von seinem ehemaligen Trainer bei Preußen Köln erhielt, einem gewissen Tony Woodcock, Engländer und ehemaliger Profi beim 1.FC Köln. Woodcock agierte nebenbei als Spielervermittler und brachte Leese beim englischen Zweiligisten Barnsley als 2.Torwart unter. Bevor er seinen Job antrat, war Barnsley in die Premier League aufgestiegen und Leese erhielt seine Chance, weil der 1.Torwart sich verletzte. Es folgte ein Jahr zwischen Bank und Einsatz, von dem Leese heute sagt: “Wenn es keine klare Nummer eins gibt, halten nach ein paar Wochen beide Torhüter unter Normalform. Wenn du mit der Furcht spielst, beim nächsten Fehler aus der Mannschaft zu fliegen, dann machst du Fehler. Gerade als Torwart, wo du so viel Zeit hast nachzudenken. Du bist wie im Knast dahinten drin. Du kannst die Anspannung nicht körperlich abreagieren. Wie oft würde ich gerne mal raus aus meinem Strafraum und einfach einen Gegner umgrätschen, einfach irgendwo im Mittelfeld einem die Beine wegziehen.” Aber immerhin: die Zeit bei Barnsley hatte ihre Höhepunkte. Was sich jeder Fußballer wünscht – einmal im Leben in Liverpool an der Anfield Road zu spielen – für Leese wurde der Traum Wirklichkeit. Barnsley ging auch noch mit 1:0 in Führung, und hielt den Vorsprung, dank Leeses großartiger Paraden: “Kommt doch! Kommt doch! sagte ich mir, als Liverpools Angriffe heranrollten. Und plötzlich, ohne dass irgendetwas Bestimmtes passiert war, schlug mein Gefühl 10 Minuten vor Spielende total um. Das kann doch gar nicht sein, dass wir hier gewinnen, Barnsley in Liverpool, dachte ich auf einmal.” Barnsley brachte den Vorsprung über die Runden. Ein Sieg in Liverpool! Was willst du mehr als Profifußballer? Barnsley stieg trotzdem ab. Leeses Vertrag war nach 2 Jahren beendet. Pech gehabt, Tony Woodcock brachte keinen weiteren Vertrag mehr zustande. Die Profikarriere des Lars Leese endete in der Arbeitslosigkeit – und in den Händen mehr oder weniger seriöser Vermittler. Nach einem Jahr Däumchendrehen ist Lars Leese derart zermürbt, daß er Angebote aus Burghausen und Jena ablehnt. Noch mal umziehen für die 3. Liga? Kommt nicht in Frage. Fußball spielt er immer noch – bei den Amateuren von Borussia Mönchengladbach; tagsüber verkauft er Büromaterialien. Bereut hat er nichts. “Ich sehe die Jungen im Reserveteam in Mönchengladbach, die, seit sie 17 sind, dafür leben, einmal in der Bundesliga zu spielen – und die Realität ist, dass es nur einer, vielleicht zwei von ihnen schaffen werden. Ich stand mit 23 noch in der Kreisliga im Tor – und ich habe es geschafft: einmal, sogar 20-mal, im Profifußball gespielt. Wie könnte ich verbittert über das abrupte Ende meiner Profikarriere sein? Ich bin glücklich, dass es diese Karriere überhaupt gab.” Nachtrag: Ronald Reng hat ein wirklich großartiges, kleines Buch geschrieben. Weil er was versteht vom Fußball, von den Träumen der Spieler und vom schnöden Alltag abseits des Glamours der 1.Ligen. Albert Wiedenhöfer (Köln)