Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Faulkner, William

Als ich im Sterben lag

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Maria Carlsson
Beschreibung

Neuübersetzungen sind momentan angesagt. Und das ist gut so, denn so lässt sich, wie in diesem Fall, einer der größten und eigensinnigsten Autoren wiederentdecken, den das zwanzigste Jahrhundert hervorgebracht hat. Die Geschichte des Leichenzuges der armen Farmersfrau Addie Bundren gehört zu den besten Romanen, die ich kenne. Ein Ausnahmeroman, der gerade durch seine kompromisslose Kargheit besticht.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Rowohlt Verlag, 2012
Format
Gebunden
Seiten
256 Seiten
ISBN/EAN
9783-498-02133-7
Preis
19,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

William Faulkner, 1897 in Albany, Mississippi, als William Cuthbert Falkner geboren, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20, Jahrhunderts. Neben seinem umfangreichen Werk, einer Chronik von Glanz und Verfall der Südstaaten, verfasste er Drehbücher, unter anderem für die Verfilmung von Raymond Chandlers „The Big Sleep“ und Ernest Hemingways „To Have or Have Not“, beide unter der Regie von Howard Hawks. Faulkner wurde zweimal mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, erhielt den National Book Award und den Nobelpreis für Literatur. Er starb 1962.

Zum Buch:

Als ich vor zwanzig Jahren zum ersten Mal „Als ich im Sterben lag“ von William Faulkner las, war meine Begeisterung darüber, wie der Autor mit Sprache umgeht, diese berechnende Weglassung, die Andeutung und Kargheit, absolut. All das war neu, war einzigartig. Ich kannte nichts Vergleichbares und rannte sofort los, um mir mehr davon zu besorgen. Und diese absolute Begeisterung hat über die Jahre hinweg in keiner Weise nachgelassen. Das Gegenteil ist der Fall. Für mich ist Faulkner der Autor, dessen Bücher ganz oben auf meiner Liste der mitzunehmenden Bücher stehen, wenn es heißen würde: Such dir etwas für die berühmte einsame Insel aus.

Beschrieben wird in diesem Roman der Leichenzug einer bettelarmen Farmersfrau, Addie Bundren, deren letzter Wunsch es war, nach ihrem Ableben auf dem Friedhof ihrer Heimatstadt Jefferson begraben zu werden. Ein Weg von 40 Meilen auf einer holprigen Landstraße, die von einem über das Ufer getretenen Fluss gekreuzt wird. Doch ist das nicht das Hauptproblem der Bundrens, die, eher unwillig und angetrieben von ganz unterschiedlichen, persönlichen Interessen, auf einem alten Mauleselgespann den Sarg begleiten. Da ist Anse, Addies Mann, zahnlos und brutal hinterhältig. Dann ihre Söhne: der älteste, Cash, ein wenig tumb aber dafür sehr geschickt mit den Händen, Darl, der kaum ein Wort über die Lippen bringt und den alle für verrückt halten, gefolgt vom hitzköpfigen Jewel, der nur an sein Pferd denkt, und schließlich der Jüngste, Vardaman, der fünf Jahre alt ist und pausenlos Fragen stellt. Als einzige Tochter ist da die blutjunge Dewey Dell, immer still und im dritten Monat schwanger, aber das weiß niemand.

Erzählt wird die Geschichte in Form einzelner Aussagen der Angehörigen sowie der Nachbarn Addies, und mehr und mehr fügt sich so ein Gesamtbild zusammen, werden die einzelnen Schicksale, die Ängste, Hoffnungen und Wünsche der Menschen deutlich, treten ihre tieferen Beweggründe zutage, die nicht immer, nein, die eher selten von Liebenswürdigkeit und Anteilnahme zeugen. Die Sprache, ich hatte das bereits angedeutet, ist immer schmucklos, ohne an Tiefe zu verlieren, immer zurückhaltend, als müssten Bilder für sich selbst sprechen, aber immer direkt und so, als könnte man das Geschehene so und nur so erzählen, und es ist gerade diese bedingungslose Schlichtheit, die die eigentliche Größe dieses Romans und überhaupt jedes Romans Faulkners ausmacht. Wer Faulkner einmal für sich entdeckt hat, der wird, und davon bin ich fest überzeugt, das einzig Naheliegende tun und sich mehr Faulkner besorgen.

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln