Zum Buch:
Sarajewo ist eingeschlossen von den “Männern auf den Bergen”. Unablässig heulen die Granaten und legen Straßen und Gebäude in Trümmer, jeder Gang durch die Stadt wird zum Russischen Roulette, da die überall lauernden Heckenschützen bevorzugt Zivilisten ins Visier nehmen. Lebensmittel und Wasser sind knapp, die Eingeschlossenen versuchen, irgendwie zu überleben. Da ist Kenan, der alle paar Tage die Stadt durchquert, um für seine Familie und eine Nachbarin Wasser zu holen. Dragan, der Frau und Kind noch zu Kriegsbeginn nach Italien schicken konnte, ist auf dem Weg, Brot zu besorgen. Strijela, ehemals Sportschützin, versucht nun als Scharfschützin, die Heckenschützen des Gegners, die wahllos auf alles und jeden schießen, unschädlich zu machen. Als eine Granate in eine Gruppe von Menschen einschlägt, die vor einer Bäckerei anstanden, nimmt ein Cellist, der das Ereignis beobachtet hat sein Instrument und spielt die kommenden 22 Tage lang immer zur gleichen Zeit an dieser Stelle das Adagio von Albinoni.
Wie diese Menschen versuchen, inmitten von Gewalt, Zerstörung, trotz eigener Wut und Verzweiflung jeder für sich und auf völlig andere Art, ein Stück Integrität zu bewahren, davon erzählt das Buch. Und das tut es auf so leise, undramatische Art, dass der Wahnsinn dieses Krieges dem Leser mit umso größerer Wucht bewusst wird. Und das, obwohl es bei diesem Sujet fast zynisch klingt, tut es unglaublich fesselnd.
Ruth Roebke, Autorenbuchhandlung Marx & Co, Frankfurt