Zum Buch:
Als Nicola ihre Freundin Helen fragt, ob sie während einer alternativen Krebstherapie bei ihr in Melburne wohnen könne, sagt Helen bereitwillig zu. Liebevoll richtet sie ein Zimmer für sie her, kauft einen neuen Teppich, bezieht das Bett frisch. Erst als Nicola auf dem Flughafen auf sie zuwankt, abgemagert und erschöpft, ahnt Helen, dass es hier um mehr als einen kleinen Freundschaftsbeweis geht. Aber da ist es zu spät. So prallen zwei Welten aufeinander, die verschiedener nicht sein könnten.
Helen genießt ihren Ruhestand. Sie lebt allein, ihre Tochter wohnt mit Familie im Nachbarhaus. Sie arbeitet nur noch ein wenig freiberuflich und steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Auch Nicola lebt alleine, abgeschieden in einem Haus am Meer. In ihrer Freundschaft ist Helen die Praktische, Nicola die Schöne, Exotische, Flippige, Freigiebige. Beide kennen sich seit fünfzehn Jahren, und einer ernsthaften Bewährungsprobe war ihre Freundschaft noch nie ausgesetzt.
Nicola beginnt ihre Therapie bei einem obskuren Krebsguru, die sie schnell noch weiter schwächt. Die zunehmenden Beschwerden seien Vorboten der kommenden Genesung, davon ist sie fest überzeugt. So steht Helen nachts mehrmals auf, wechselt Nicolas durchgeschwitzte Bettwäsche und kocht Tee. Nicola geht Tag für Tag in unbeirrbarem Glauben in das Institut. Helen kann nicht fassen, dass ihre Freundin sich offensichtlich von dubiosen Heilern über den Tisch ziehen lässt, die ihr nicht nur das Geld abnehmen, sondern sie mit ihren Therapien völlig erschöpfen. Ihr gemeinsames Leben wird zu einem mehr oder weniger offenen Kampf, in dem gesunder Menschenverstand auf die unbeirrbare Hoffnung einer Todkranken trifft, in dem Helens Wille, die Freundin zu unterstützen sich am sanften, hartnäckigen Terror einer Bedürftigen aufreibt.
Das Verblüffende an diesem kleinen Buch ist, wie leicht und undramatisch es erzählt ist. Helen Garner schafft es, beiden Frauen ihre Würde zu lassen, und spielt sie nicht gegeneinander aus. Es gibt wunderbar komische Szenen, und am Ende legt man es mit dem Gefühl aus der Hand, einen heiteren Text gelesen zu haben. Erstaunlich, bei diesem Thema. Erstaunlich schön!
Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt