Zum Buch:
Von allen möglichen Flecken der Welt dient lediglich die am östlichsten Rand des Indischen Ozeans gelegene Insel Tasmanien als ultimativ sicherster Hort, um gegen jegliche Fährnisse der Gegenwart dauerhaft gewappnet zu sein.
Zu dieser Erkenntnis gelangt in Paolo Giordanos neuem Roman der Ich-Erzähler, der, wie der Schriftsteller, mit Vornamen Paolo heißt, ebenfalls von Beruf Autor ist, als Physiker promoviert hat und als gebürtiger Turiner eher widerwillig in Rom lebt.
Nachdem Paolos Frau ohne sein Wissen die Kinderwunschbehandlung abgebrochen hat, befindet er sich in einer tiefen Ehe-, Sinn- und Schaffenskrise. Um sich abzulenken, reist er als auswärtiger Mitarbeiter für die Tageszeitung Corriere della Sera zur UN-Klimakonferenz nach Paris, wo er bei einem engen Freund und ehemaligen Kommilitonen unterkommt, der nach einem erbitterten Scheidungsprozess um das Sorgerecht für seinen Sohn kämpft.
Die während den täglichen Konferenzen stattfindenden, zermürbend langen Diskussionen beginnen Paolo mehr und mehr zu desillusionieren. Er weiß nicht, worüber er schreiben soll, und wird sich selbst zusehends fremder in einer Gegenwart, die ohne Antworten auf die richtigen Fragen nicht auskommt. In seinem Bemühen sucht er den Kontakt zu Insidern, die über Themen wie invasive Arten, Terrorismus sowie die nukleare Bedrohung detailliert Auskunft geben können. Überdies macht er über seinen Freund die Bekanntschaft des extrovertierten und rhetorisch ungemein fähigen Wolkenforschers Novelli, der bald zu einer Art Mentor wird und dessen Auslassungen bezüglich eines Endzeitszenarios tiefe Spuren bei Paolo hinterlassen.
In Paolo Giordanos fünftem Roman gelingt es dem Schriftsteller durch die Wahl eines Alter Egos, eine ganz besondere Nähe zum Leser zu erzeugen, eine Form der Direktheit, der Dringlichkeit und der Verbundenheit. Was bedeutet uns Sicherheit? Was sehen wir als gegeben? Und wo und auf welche Weise könnten wir uns vor dem Auseinanderbrechen auch jener Welt schützen, die – zuweilen tief verborgen – in uns liegt?
Axel Vits, Köln