Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Marlantes, Karl

Matterhorn

Untertitel
Ein Vietnam-Roman. Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl
Beschreibung

Vietnam, 1969. Ein blutjunger Lieutenant tritt seinen Dienst in Vietnam an, zu dem er sich freiwillig verpflichtet hat. Doch seine anfängliche Euphorie schlägt bereits in den ersten Wochen in beklemmende, nackte Angst um, die wie ein zweiter Schatten an ihm haftet. Da kommt der Auftrag, eine aufgegebene Stellung wieder einzunehmen, in der sich der Feind eingenistet hat. Von diesem Kommando werden nicht alle zurückkehren, soviel ist sicher.

Ein Roman über einen weiteren, völlig sinnlosen Krieg, bei dem es, wie bei allen Kriegen, keine Gewinner und also nur Verlierer gibt. Geschrieben von einem, der dabei war. 700 Seiten Spannung pur.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Arche Verlag, 2012
Format
Gebunden
Seiten
672 Seiten
ISBN/EAN
9783716026625
Preis
24,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Karl Marlantes ist Yale- und Oxford-Absolvent. Er diente in Vietnam, brachte es bei den Marines bis zum Lieutenant und wurde mehrfach für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Er schrieb über dreißig Jahre an diesem Roman, der kurz nach Erscheinen in den USA zu einem internationalen Bestseller wurde.

Zum Buch:

Vietnam.1969. Rund drei Kilometer von der Grenze zu Laos entfernt.

Eine von Hunderten, beinahe völlig gleich aussehenden Bergkuppen, die aus dem dichten Dschungel herauszuwachsen scheinen und die fast ununterbrochen im feuchtwarmen Nebel liegen, ist Schauplatz dieses außergewöhnlichen Romans. Was diese eine Bergkuppe von allen anderen unterscheidet, ist einzig die Tatsache, dass sie eben ein klein wenig höher ist als alle anderen, was wiederum einen Stabsoffizier im weitab gelegenen Hauptquartier auf die Idee brachte, diese Bergspitze roden und planieren zu lassen, um darauf eine Batterie großkalibriger Haubitzen zu stationieren. Aus einer persönlichen Laune heraus, ohne ihn jemals selbst gesehen zu haben, tauft er den Berg „Matterhorn“.

Erzählt wird hier die Geschichte des 19jährigen Second Lieutenant Mellas, einem recht gutaussehenden, von sich selbst überzeugten Collegeabsolventen, der erst seit einer Woche bei der Truppe und trotz seiner Unerfahrenheit von Geltungsdrang und der Gier nach Auszeichnungen geradezu besessen ist. In seinem Bestreben, von den Offizieren ebenso wie den einfachen Mannschaftsgraden gleichermaßen respektiert zu werden, begeht er Fehler, die nicht ohne – mitunter tödliche – Folgen bleiben.

Ein unsichtbarer Feind, Malaria und Blutegel, die ewige Nässe, die bei allen Soldaten Dschungelfäulnis an Gesicht und Händen hervorruft, die nächtlichen Spähtrupps durch den dichten Urwald, die den Männern das Letzte abverlangen, dazu der tief sitzende Rassenhass innerhalb der Armee, all das glaubt Mellas irgendwie aushalten zu können, all das, aber nur das Eine nicht: die Angst. Größer als alles, was er bisher jemals empfunden hat.

Sobald seine Marines-Kompanie die Gefechtsbasis auf dem Berg eingerichtet hat, wird sie auch schon wieder abgezogen, um weiter im Norden die Nachschubwege des Vietcong zu unterbrechen. Ein äußerst gefährlicher Auftrag, von dem nicht alle zurückkehren werden. Als dann bei der Rückkehr seiner völlig geschwächten Einheit auch noch der Befehl kommt, das mittlerweile von nordvietnamesischen Verbänden besetzte Matterhorn wieder zurückzugewinnen, koste es, was es wolle, verliert der mittlerweile zum Zyniker gewordene Mellas zusehends sein bisheriges Vertrauen in die Führung und überhaupt in den Sinn dieses Krieges:

»Menschen, die einander nicht einmal kannten, würden einander wegen eines Berges umbringen, der ihnen völlig egal war.«

Karl Marlantes war selbst Lieutenant in Vietnam. Der Mann weiß also genau, wovon er spricht. In seinem Roman, von dem es heißt, er hätte dreißig Jahre daran geschrieben, kommt der Autor, der gleich zweimal mit dem Purple Heart ausgezeichnet wurde, zwar völlig ohne jegliches Pathos aus. So ganz ohne Klischees geht es zwar doch nicht, aber irgendwie erwartet man das auch von einem Kriegsroman, noch dazu einem, der den Vietnamkrieg zum Thema hat. Marlantes Figuren sind absolut glaubwürdig in ihrer Darstellung, ihren Dialogen, man lernt diese Leute mit jedem Kapitel besser kennen, so dass man den einen oder anderen, den es dann doch erwischt hat, geradezu vermisst. Vergleiche mit Hollywoodfilmen, auch den guten, lassen sich hier leicht ziehen, aber die braucht es gar nicht; die Geschichte, die hier erzählt wird, und gerade die trockene Art, in der das geschieht, steht für sich selbst, und man muss sich nicht notgedrungen für dieses Genre interessieren, um in diesem 700-Seiten-Epos das zu erkennen, was es ist: ein verdammt gut geschriebener Roman.

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln