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Zugegeben: Man muss sich schon für das Thema interessieren, um diesen 800-Seiten-Wälzer zu bewältigen, so etwas liest man nicht einfach mal so weg, nur weil man gerade Lust darauf hat. Dazu ist die Geschichte der Kreuzzüge einfach zu umfangreich. Im doppelten Sinne.
Die meisten Menschen sind der Ansicht, es hätte drei Kreuzzüge gegeben, die allesamt dem einen Zweck dienten, die Muslime aus der Heiligen Stadt, besser noch gleich aus dem Heiligen Land zu vertreiben. Doch das stimmt so nicht. Es haben insgesamt acht Kreuzzüge stattgefunden, in einem Zeitraum von etwa 200 Jahren, und auch wenn ihr vorrangiges Ziel der Wiedereroberung Jerusalems galt, so wurden unter dem Deckmantel der Befreier auch Länder wie Syrien und Ägypten gleich mit erobert. Macht- und Geldgier, aber auch der inbrünstige Glaube an das heilige Kreuz ließen Tausende und Tausende zum Schwert greifen; die Ärmeren, nicht weniger entschlossen, marschierten mit Knüppeln und Äxten los.
Alles begann am 27.11.1095 mit einer Rede auf dem Konzil von Clermont, in der Papst Urban II. zum ersten Kreuzzug (1096-99) aufrief. Er begann als Volkskreuzzug. Unter der Führung von Predigern begaben sich Massen von bettelarmen Männern, Frauen, Kindern auf den Weg, und als sie durch Rouen kamen, machten sie gleich Hunderte Juden nieder; im Rheinland sollte es dann noch schlimmer kommen.
Spätere, nicht minder grausame Kreuzzüge wurden dann von Königen und Kaisern angeführt, z.B. von Richard von Löwenherz oder von Friedrich II. Man nannte es dann: Das Kreuz nehmen. Aus der Hand der Päpste, versteht sich. Auch soll es im Jahr 1212 einen sogenannten Kinderkreuzzug gegeben haben, angeführt von einem gewissen Nikolaus von Köln, doch Genaueres weiß man darüber nicht, außer dass er bereits in Italien scheiterte.
Ich habe mich früher einmal intensiv mit der Geschichte der Kreuzzüge beschäftigt, habe Bücher gelesen, bin gereist mich hat das Thema fasziniert. Das ist länger her. Was jetzt die Lektüre von Thomas Asbridges Monumentalwerk so außergewöhnlich macht, ist seine Fähigkeit, ein Gesamtbild zu schaffen, bei dem keine Seite ausgelassen, keine Sichtweise hintangestellt wird. Er bringt etwas zustande, das in dieser so ungemein flüssig lesbaren Form bisher einfach nicht möglich schien. Nicht so. Die Gesamtdarstellung der Geschichte der Kreuzzüge. Ein Meisterwerk, nichts weniger.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln