Zum Buch:
Skidelskys Buch über Keynes für das 21. Jahrhundert – so der Untertitel – beschäftigt sich zwar auch mit dem Leben und Werk von Keynes, aber der Schwerpunkt liegt auf der Analyse der aktuellen Wirtschaftskrise. Skidelsky sieht bei Banken, Hedgefonds und Spekulanten eine Mitverantwortung für die aktuelle Krise, aber die Hauptverantwortung trifft seiner Meinung nach nicht diese Akteure, sondern die Wirtschaftswissenschaft, nach deren Lehren die Akteure gleichsam schulbuchmäßig gehandelt hätten.
Im Boom der Nachkriegsgeschichte zwischen 1950 und der Ölkrise von 1973 dominierten wirtschaftspolitische Konzepte, die sich von Keynes Theorie herleiten ließen. Von einer Herrschaft des Keynesianismus zu sprechen, verbiete sich nach Skidelsky jedoch, denn Keynes Theorien seien selektiv angewandt und obendrein vulgarisiert worden.
Um 1980 herum gab es in der Wirtschaftswissenschaft einen Paradigmenwechsel. Die marktradikale Chicago-Schule genauso wie der moderate Neokeynesianismus verabschiedeten sich von Keynes Theorie. An die Stelle makroökonomischer Konzepte trat nun die Logik individueller Entscheidungen sowie die Theorie rationaler Entscheidungen, die sich angeblich aus der Fähigkeit der Märkte zur Selbststeuerung ergäben. Statt auf die prinzipielle Unsicherheit der Zukunft, wie sie Keynes vertrat, setzte die neoklassische Schule auf die Wahrscheinlichkeit, die sie in komplexen mathematischen Modellen abbildete.
In diesen Modellrechnungen errechneten Ökonomen, dass Risiken wie die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise theoretisch nur in 10140 Jahren vorkommen dürften. Diese mathematisch anspruchsvollen Risikomanagementmodelle, die niemand verstand, haben sich über Nacht als Makulatur erwiesen, und der Staat bzw. die Steuerbürger mussten mit Milliardenbeträgen stützend und bürgend einspringen. Skidelskys Fazit: Die Krise ist das Resultat des intellektuellen Versagens der wirtschaftswissenschaftlichen Profession und hat die unglückselige Nutzlosigkeit des größten Teils der derzeit tonangebenden akademischen monetären Ökonomie bewiesen.
Einen Ausweg aus dieser intellektuellen Krise skizziert Skidelsky in den letzten Kapiteln des Buches als eine Rückkehr zu Keynes. Dieser habe Ökonomie nicht als verkappte mathematische Naturwissenschaft, sondern als Geistes- und Sozialwissenschaft verstanden. Märkte seien für ihn kein Selbstzweck, sondern ein Mittel gewesen, um für möglichst viele Menschen ein gutes Leben zu gewährleisten. Und wie alle Mittel bedürften auch Märkte der Regeln und der Kontrollen, sonst werde aus ihnen ein Spielkasino. Ein anregendes und lesenswertes Buch.
Rudolf Walther, Frankfurt am Main