Zum Buch:
Es ist Tag der offenen Tür an der Uni, und Sebastian hat sich eine Einführung über Stadtplanung ausgesucht. Naja, so ganz genau weiß er natürlich noch nicht, was er nach der Schule studieren will. Aber Städte werden ja immer gebraucht. Im Vorlesungssaal passiert es dann: ein PWW – ein perfektes weibliches Wesen – , also eigentlich das schönste Mädchen, das er sich nur vorstellen kann, setzt sich neben ihn. Ja, gerade neben ihn, den stinknormalen Typen. Und sie fragt ihn sogar nach einem Stift. Vor lauter Aufregung kriegt er kein Wort heraus und stottert nur ein bisschen herum, als er ihr einen seiner Stifte reicht und ihr sofort und ohne zu zögern sein komplettes Mäppchen vermacht hätte.
Als er wenig später im Foyer eines Kino steht und dem Tagtraum nachhängt, dass genau dieses PWW ihren kurzen Dialog über „Casablanca“ als romantische Verabredung mit ihm verstanden haben könnte, trifft er auf Frida. Frida ist schräg, hat eine ziemlich auffällige Frisur, eine großer Klappe und entwickelt sich schnell zur eigentlichen Hauptfigur der kommenden Stunden und auch des ganzen Buches.
Im neuen Jugendbuch von Michael Gerard Bauer erkennt man sofort den Wortwitz und die Fabulierlust von „Nennt mich nicht Ismael“ wieder, dem Kinderbuch des australischen Autors, das mittlerweile fast ein Klassiker, zumindest aber längst Schullektüre geworden ist. Nur die Protagonisten sind etwas älter geworden, und mit ihnen rücken auch die Fragen eines typischen Coming-of-Age-Romans in den Mittelpunkt: Wer will ich sein? Wie viel kann ich anderen von mir zeigen? Bin ich gut so, wie ich bin?
Dass Frida eine ganz schön harte Kindheit hinter sich hat, versteckt sie geübt hinter einer Fassade aus Phantasie, Provokation und Schlagfertigkeit. Sebastian hingegen kämpft mit dem Verlust seines drogenabhängigen älteren Bruders, flüchtet sich in seine Musik und in Verlässlichkeit, um seinen Eltern nicht auch noch Kummer zu bereiten. Zu einem wagemutigen Trio werden die beiden durch Sebastians Freund Tolly, der sich mit Sebastian schon länger um Dinge kümmert, die so nicht bleiben können. Wenn sie Mobbing oder Diskriminierung in ihrem Schulalltag entdecken, verbünden sie sich und rücken das eine oder andere auf ziemlich kreative Weise gerade.
Michael Gerard Bauer lässt wieder einmal Figuren auftreten, die es nicht leicht haben und die trotzdem an das Gute glauben und mutig daran festhalten. Über den erzählten Tag hinweg wird aber gerade nicht auf ein süßliches Happy End hingearbeitet, sondern mit großartigen Wortgefechten und feinem Sinn für Humor die Welt von drei Jugendlichen beleuchtet, deren Vertrauen am Ende stärker ist als ihre Ängste. Eine klare Leseempfehlung für Jugendliche ab 13!
Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt