Zum Buch:
Es könnte alles wunderbar sein, aber seit drei Monaten ist Guglielmo Witwer. Seine Frau Rosa ist überraschend an einer unklar bleibenden Krankheit gestorben. Caterina, seine Schwester, ist zu ihm gezogen, führt den Haushalt und kümmert sich um seine beiden Töchter. Guglielmo vermisst Rosa schmerzlich, seine Gedanken kreisen unaufhörlich um den Verlust. Er ist froh, in den nächsten Monaten durch die harte Arbeit etwas Ablenkung zu finden.
So zieht er mit seinem kleinen Trupp in den entfernten Wald, wo die Männer den ganzen Winter über Holz schlagen werden. In der Einsamkeit des Waldes sind sie die ganze Zeit aufeinander angewiesen. Sie werden zusammen in einer kleinen, selbstgezimmerten Hütte essen und schlafen und bei schlechtem Wetter auch die Tage dort verbringen müssen: Guglielmo, Fiore der Vorarbeiter – schon älter aber sehr erfahren –, Guglielmos gleichaltriger Cousin Amedo, Germano, knapp zwanzig, jung und ungestüm und Francesco. Der ist als Holzfäller eigentlich zu alt, hat aber andere Qualitäten. Er kocht für die Männer und – wichtiger noch – er bringt sie durch die dunklen Winterabende. Denn neben dem Kartenspiel ist er es, der mit seinem unerschöpflichen Reichtum an Geschichten und an Begebenheiten, aus denen er Geschichten spinnt, verhindert, dass die Männer in Trübsal versinken. Einzig Guglielmo wird immer wieder von seinen Erinnerungen an Rosa und seinem Schmerz über ihren Tod eingeholt – er fürchtet sich vor einem langen Leben in Einsamkeit. Den Gedanken, sich eine neue Frau zu suchen, hat er verworfen. Er will für seine Töchter keine Stiefmutter, weil er ihnen nicht zumuten will, was er als Kind erlitten hat.
Carlo Cassola zählt in Italien zu den Autoren des „Neorealismo“. Ins Holz gehen, 1953 erstmals erschienen, ähnelt den ungeschönten frühen Filmen von Roberto Rossellini oder Vittorio De Sica. Man könnte das Buch handlungsarm nennen, denn außer, dass wir das Leben der Arbeiter verfolgen, passiert nicht viel. Der innere Reichtum des Textes ist dafür ungleich größer. In einer knappen, schmucklosen Sprache, so karg wie das Leben der Männer „im Holz“, schildert Carlo Cassola das Zusammensein der unterschiedlichen Charaktere auf engstem Raum: den dumpfen Geruch der Körper in der Hütte, Kälte und Nässe im Wald, die Angewiesenheit auf- und den manchmal aufkommenden Überdruss aneinander. Schlaglichtartig scheint eine rurale Welt auf, deren Schlichtheit und Genügsamkeit uns heute fremd geworden ist – die Themen Leben und Tod, Glück und Einsamkeit aber bleiben zeitlos.
Ruth Roebke, Frankfurt a. M.