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Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben

Autor
Ghodsee, Kristen R.

Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben

Untertitel
Und andere Argumente für ökonomische Unabhängigkeit. Aus dem Englischen von Ursel Schäfer und Richard Barth
Beschreibung

Die Antwort auf die im Titel gestellte Frage, warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben, mag ob ihrer Einfachheit etwas enttäuschen: Weil sie ökonomisch von ihren (Ehe-) Partnern unabhängig sind. Interessant und aufschlussreich ist Kristen R. Ghodsees Buch aber nichtsdestoweniger, weil sie weniger an der Ausarbeitung einer Theorie interessiert ist, sondern die Erfahrung aus dem Staatssozialismus des 20. Jahrhundert im Guten wie im Schlechten minutiös unter die Lupe nimmt und dabei überraschende Fakten sichtbar macht.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Suhrkamp Verlag, 2019
Seiten
277
Format
Kartoniert
ISBN/EAN
978-3-518-07514-2
Preis
18,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Kristen R. Ghodsee, geboren 1970, ist Professorin für Russische und Osteuropäische Studien an der University of Pennsylvania und forschte unter anderem in Princeton, Rostock und Freiburg. Von ihr ist zuletzt erschienen: Red Hangover: Legacies of Twentieth-Century Communism (2017).

Zum Buch:

Die Antwort auf die im Titel gestellte Frage mag auf den ersten Blick ob ihrer Einfachheit etwas enttäuschen: Frauen, die durch ein eigenes Einkommen ökonomisch abgesichert sind, haben deswegen ein erfüllteres Sexleben, weil sie ihr sexuelles Begehren nicht dem eines (Ehe-) Partners unterordnen müssen, weil ökonomische Gleichberechtigung die Bedingung für ein ausgewogenes Beziehungs- und dadurch auch Sexleben ist.

Dieses Argument ist mitnichten neu, und die Forderung nach ökonomischer Selbstständigkeit in allen Phasen eine der zentralen der Frauenrechtsbewegung. Aufschlussreich bleibt Kristen R. Ghodsees Buch aber dennoch, weil sie weniger an der Ausarbeitung einer sozialistischen Utopie oder Forderung interessiert ist, sondern die Erfahrung aus dem Staatssozialismus des 20. Jahrhundert im Guten wie im Schlechten minutiös unter die Lupe nimmt.

Dabei analysiert sie zunächst, wie sich die Arbeitsbedingungen in den verschiedenen sozialistischen Ländern, im Wettstreit mit Ihnen aber auch in anderen Ländern, etwa den Vereinigten Staaten und West-Deutschland, während und nach dem Ende des Staatssozialismus verändert haben. Ghodsee konzentriert sich sowohl auf Fragen von Kinderbetreuung und Arbeitsplatzgarantie nach der Schwangerschaft als auch auf Frauenquoten. Der expliziten Beschäftigung mit den sexuellen Realitäten widmet sich lediglich das letzte Drittel des Buches und wartet dort mit genauen und zahlreichen Statistiken auf.

Eingebettet sind ihre Untersuchungen – die trotz ihrer Akribie zugänglich geschrieben sind – in kurze erzählerische Einschübe, die Ghodsees eigene oder die Erfahrungen von FreundInnen mit der Begegnung mit sozialistischen Ideen oder sexistischer Benachteiligung zum Thema haben. Das macht das Buch nicht nur für die Leserschaft zugänglicher, sondern verstärkt vor allem Ghodsees eigentliche Forderung: Der Staatssozialismus des 20. Jahrhunderts wurde zu lange als Ideologie des Feindes verteufelt, und eine genaue und offene Beschäftigung, die die gewaltsamen wie die progressiven Strömungen beachtet, ist lange überfällig und notwendig, wenn wir ein besseres Leben für Frauen in der Zukunft ermöglichen wollen.

Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt