Der Kommunitarismus sei ein sinnvolles Korrektiv liberaler Politiktheorie, wenn auch kein substantielles politisches Programm – so argumentierte Michael Walzer in seinem vielbeachteten Aufsatz über »Die kommunitaristische Kritik am Liberalismus«. Seine ›Max Horkheimer Vorlesungen‹ sind eine Vertiefung dieser Kritik an liberalistischer Theorie und Praxis. Im ersten Kapitel korrigiert Michael Walzer das Bild vom autonomen Individuum, das einzig aufgrund seiner eigenen Wahl sich bestimmten Gemeinschaften oder Bewegungen anschließe. Das zweite Kapitel arbeitet heraus, daß rationale, wohlabgewogene Entscheidungen nur einen kleinen Teil des realen politischen Prozesses in Demokratien ausmachen. Soziale Konflikte verschiedener Größenordnungen sind ungleich bestimmendere Realitäten. Im dritten Teil schließlich behandelt Walzer die Rolle der Leidenschaften in der Politik, welche die liberalen Theoretiker gemeinhin herunterspielen, weil sie ins Bild vernünftiger Entscheidungsfindung nicht recht passen wollen. Diese drei Defizite sind in den Augen Walzers dafür verantwortlich, daß liberale Theorie in ihren zeitgenössischen Versionen die realen Situationen und Konfliktfälle ungerechtfertigter Ungleichheit eher ausblendet, als zu ihrer Beseitigung beiträgt. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)