Der Untertitel dieser Abhandlung mag sich herausfordernd anhören; kündigt er doch an, daß es mit der experimentellen Erfahrung eine andere Bewandtnis haben werde, als es zu erwarten stünde nach den Aussagen einer Theorie, die im Laufe von mehr als 80 Jahren das Denken der Histologen immer nachhaltiger bestimmt und schließlich als Lehrmeinung unangefochten beherrscht hat. Indessen: wer mit den Binde-und Stützgeweben planmäßig zu experimentieren erst einmal begonnen hat, der wird in der Reihe seiner Ergebnisse gar bald auf überraschende Ausnahmen stoßen; nämlich auf Gewebecharaktere, die man theo retisch ebenso wenig erwarten konnte, wie man sie hinterher aus den mechanischen Bedingungen ihrer Entstehungsorte abzuleiten imstande wäre. Diese entwick lungsmechanisch regelwidrigen Spielarten - zunächst als "Nebenbefunde" wahr genommen - können mit steigender Anzahl der Versuche schließlich so häufig werden, daß von "Zufall" oder "Ausnahme" weiterhin zu sprechen eine allzu be denkliche Ausflucht wäre. - Anders gesagt: haben wir unsere Experimente auf einer Theorie aufgebaut, und liefern uns diese Experimente nach und nach fast ebenso viele "Ausnahmen" wie erhoffte Treffer: so wird es Zeit zu fragen, wie es um die Verläßlichkeit eben dieser Theorie bestellt ist. W. Roux hat die Mechanik zur Grundlage seiner überlegungen gemacht. Arbeitet er doch bei seinen "kausal-analytischen Ableitungen" fortwährend mit Begriffen, die der Physik und der Elastizitätslehre entnommen sind. Infolge dessen verschlägt es nichts, wenn wir mit unseren überlegungen einmal von eben dieser Seite her ansetzen: nämlich indem wir beginnen mit der rein physikalisch mechanischen Grundlage.