Aufklärung und Pietismus, den beiden wirkmächtigsten (Reform-)Bewegungen des 18. Jahrhunderts, ist das dichte semantische Feld von Besserung, Verbesserung, Vervollkommnung, Perfektionierung, Perfektibilität und Perfektionismus gemeinsam, um die es in diesem Band geht. Die einzelnen Studien aus Literatur, Philosophie, Theologie und Wissenschaftsgeschichte zeigen, dass bestimmte Annahmen über Aufklärung und Pietismus sowie ihrer beider Beziehungen zueinander auf den Prüfstand zu stellen sind. Zumindest unterschwellig ist dabei auch stets die Frage nach der eigenen Gegenwart, d.h. nach der nachhaltig prägenden Kraft der hier in den Blick genommenen Phänomene, präsent. Vervollkommnung ist ein Prozess, der theoretisch begründet, aber auch praktisch gestaltet, realisiert und umgesetzt sein will. Das schlägt sich in diesem Band in einer doppelten Schwerpunktsetzung nieder: Zum einen werden Konzeptionen der Vervollkommnung im Spannungsfeld von Pietismus und Aufklärung diskutiert und auf ihre Ähnlichkeiten und Unterschiede hin befragt. Der zweite wichtige Akzent liegt auf den Übersetzungsprozessen im Kontaktbereich von Theorie und Praxis. Aufklärung wie Pietismus eignet ein mitunter druckvolles Effizienzdenken, das sich nicht mit der philosophischen oder theologisch-dogmatischen Spekulation begnügt, sondern das von innen heraus auf Verwirklichung drängt.