Zum Buch:
In diesen Tagen beginnen alle Nachrichten mit den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine. Fast greifbar sind die Sorgen um die Menschen in einem Land, das dem unseren näher ist als Syrien oder Äthiopien, und die Ängste vor den Auswirkungen, die dieser Krieg auch für andere europäische Länder mit sich bringen könnte.
Wie ist das wohl für unsere Kinder, die sich gerade zwei Jahre mit dem Verlust von Leichtigkeit, Freunden und Bewegungsfreiheit konfrontiert sahen und auch in diesem Zusammenhang Eltern erstmals antworten hörten „Ich weiß es nicht“, wenn danach gefragt wurde, wann und ob die Dinge wieder gut würden?
Der Versuch, den aktuellen bedrohlichen Konflikt von unseren Kindern fernzuhalten, wird vermutlich misslingen. Vielleicht ist es deshalb Zeit und eine gute Idee, neben fröhlichen Vorlesegeschichten auch ein Kinderbuch in die Hand zu nehmen, das den Krieg in seinen verschiedenen Facetten thematisiert. In Stell Dir vor, es gibt Krieg und keiner geht hin, einem Buch für Kinder ab 8 Jahren, hat die Autorin Heather Camlot wahre Geschichten über Menschen zusammengetragen, die in Zeiten des Kriegs mutig gegen den Strom geschwommen sind.
Wie zum Beispiel der große Boxer Muhammad Ali, der ein überzeugter Kriegsgegner war und sich weigerte, in Vietnam zu kämpfen. Eine Befreiung vom Militärdienst wurde ihm jedoch verweigert, und obwohl er dafür sogar ins Gefängnis musste, blieb er konsequent in seiner Ablehnung des Krieges: „Ich will boxen, einen Kampf sauber gewinnen. Im Krieg geht es immer nur ums Töten.“
Spannend liest sich auch die Geschichte über den Iraner David Khonsari, der seit Jahrzehnten Videospiele entwickelt, die Krieg erfahrbar machen und seine Konsequenzen aufzeigen. Er ist der Überzeugung, dass man echtes Verständnis nur aufbauen kann, indem man Gefühle weckt, Einfühlungsvermögen erzeugt, was dann vielleicht dazu führen kann, dass kriegerische Auseinandersetzungen im wahren Leben eher vermieden werden.
1993 erfuhren SchülerInnen in Barcelona durch Brieffreundschaften von den Erlebnissen bosnischer Kinder, die Kriegserfahrungen machen mussten. Daraufhin sammelten sie so lange Geld, bis sie ihren gleichaltrigen BrieffreundInnen einen echten Clown schicken konnten, der sie nach den traumatisierenden Erlebnissen endlich einmal wieder zum Lachen brachte. Aus diesem akuten Engagement von Kindern ging dann die Organisation „Clowns ohne Grenzen“ hervor, die bis heute dazu beiträgt, dass auch in Flüchtlingslagern Kinder mal unbeschwert lachen können.
Die Botschaft und das Fazit aller unterschiedlichen Geschichten, die vom französischen Illustrator Serge Bloch jeweils mit passenden, phantasievollen Bildern versehen wurde, lautet: Krieg ist schrecklich, aber es lohnt sich, dagegen aufzubegehren. Cornelia Funke stellt in ihrem Vorwort zu diesem Buch die Frage, ob wir selbst den Mut aufbringen würden wie die Protagonisten der Geschichten und ob wir Ideen hinterlassen wollen, die anderen in schweren Zeiten Flügel geben können. Ihre Antwort: Jeder von uns sollte es auf jeden Fall versuchen.
Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt