Die Kritische Theorie, die in der Soziologie der frühen Bundesrepublik eine dominierende Stellung einnahm, ist in diesem Fach heute kaum noch präsent. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie sich seit Ende der 1930er Jahre zunehmend an den Vorgaben eines hegelianisch gedeuteten Marxismus ausrichtete, unter gleichzeitiger Vernachlässigung von dessen Grundlage, der Kritik der politischen Ökonomie. Stefan Breuer untersucht dieses Scheitern unter theoriegeschichtlichen und systematischen Gesichtspunkten. Er verfolgt die Herausbildung eines Paradigmakerns in der Zusammenarbeit von Horkheimer und Adorno, nimmt dessen Ausgestaltung anhand der drei Schlüsselbegriffe "Gesellschaft", "Herrschaft" und "Verdinglichung" in den Blick und beleuchtet Nähe und Abstand der Hauptvertreter der Kritischen Theorie zu diesem Kern. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Bestreben, das eigene Profil in Abwehr der in Heidelberg entstandenen und gepflegten soziologischen Tradition zu schärfen, wie sie vor allem mit dem Namen von Max Weber, aber auch von Alfred Weber, Karl Mannheim und, auf wiederum ganz andere Weise, Alfred Sohn-Rethel verbunden ist. Weitere Themen sind die Stellung zur Anthropologie und der Beitrag zu einer Theorie des Faschismus.